Bulimia nervosa
Ess-Brech-Sucht
Die Bulimia nervosa ist eine noch relativ junge, aber deshalb nicht weniger wichtige Erkrankung in der Gruppe der Essstörungserkrankungen.
Gerald Russel, ein englischer Psychiater und Essstörungstherapeut, hat Ende der 1970iger Jahre die Bulimie von der Anorexie als eigenständige Erkrankung abgegrenzt. Im Gegensatz zur Anorexie sieht man den Betroffenen ihre Erkrankung typischerweise nicht an. Von einer Bulimie Betroffene haben meistens Normalgewicht. Sie können ihre Krankheit also im Verborgenen ausleben. Die Abgrenzung zur Anorexia nervosa erfolgt hauptsächlich über das Gewicht, da Patientinnen mit einer Bulimia nervosa per Definition keine Gewichtsreduktion unter die Anorexiegrenze (BMI < 17,5 kg/m² oder die 10.Alters-PZ) herbeiführen. Sie fühlen sich außerdem noch mehr als die von einer Anorexia nervosa Betroffenen vom gesellschaftlichen Schlankheitsideal beeinflusst, streben also intensiv danach ihr anlagebedingtes, für sie zu hohes Gewicht dauerhaft zu reduzieren.
Betroffene haben sowohl ein Gewichts- als auch ein Emotionsproblem, wobei dies individuell sehr unterschiedlich ausgeprägt sein kann.
Wir befragen deshalb unsere Patientinnen wie sie es selbst einschätzen. Wie steht es mit den Gewichtssorgen? Wieviel Prozent des bulimischen Verhaltens machen diese aus? Und wieviel Prozent gehen auf das Regulieren negativer Emotionen und zur Spannungsreduktion zurück? Wir erhalten Einschätzungen wie 50:50 aber auch in der Spannbreite von 10:90 bis 90:10.
Im Alltag
Die Betroffenen führen zum Teil ausgedehnte Essanfälle durch und setzen danach gegensteuernde Maßnahmen – zumeist willentliches Erbrechen, Fastenphasen und / oder exzessiven Sport - ein, um die überschüssigen Kalorien wieder loszuwerden. Unter einem Essanfall versteht man eine Essmenge, die mindestens doppelt so groß ist und in der Hälfte der Zeit gegessen wird, als dies bei einer nicht essgestörten Person vorkommen würde. Betroffene tun dies zumeist, wenn sie Heißhunger erleben und dies ist wiederum zumeist Folge von zu wenig Essen oder Auslassen von Mahlzeiten: mit diesem Verhalten lassen sich Essanfälle für den nächsten Tag vorhersagen, wie es Ess-Tagebuch-Auswertungen zeigen konnten.
Essanfälle können aber auch eine Reaktion auf unangenehme Gefühle, emotionale Belastungen oder auch verdeckte Aggressionen sein und somit nicht nur durch ein körperlich begründetes Hungergefühl auftreten (letzteres könnte durch das Essen von z.B. einer Banane einfach geklärt werden, was wir unseren Patientinnen immer wieder vorschlagen).
So seltsam das für Außenstehende auch klingen mag, Betroffene erfahren durch die bulimischen Verhaltensweisen Entlastung. Sie müssen sich so mit niemandem auseinandersetzen oder sogar streiten, bleiben für sich alleine mit ihrem Innenleben. Sie entwickeln sich dadurch im Umgang mit ihrem Gefühlsleben auch nicht weiter. Scham- und Schuldgefühle wegen des abnormen Verhaltens tragen auch noch dazu bei, dass es heimlich gelebt wird, worüber sich dieser unglückliche und einsame Kreislauf noch einmal verstärkt.
Häufiges Erbrechen kann körperliche Auswirkungen, wie Störungen im Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt und damit auch das Risiko von Herzrhythmusstörungen bergen und Gewichtssprünge, Periodenstörungen, Sodbrennen und vor allem über die Jahre Zahnschäden hervorrufen.
Kritierien
- Zentrales Merkmal der Bulimia nervosa sind wiederkehrende Essanfälle (Essen großer Mengen in kurzer Zeit), denen sich die Betroffenen ausgeliefert fühlen (subjektiver Kontrollverlust). Das Erleben von Heißhunger gilt als Auslöser dafür; dieser kann sowohl seelisch (durch Störungen der Gefühlsregulation) als auch körperlich begründet sein (durch ein gezügeltes Essverhalten mit andauerndem Diäthalten).
- Essanfällen folgt eine Korrektur des dickmachenden Effekts der Nahrung durch selbst induziertes Erbrechen, zeitweilige Hungerperioden oder Missbrauch von Abführmitteln oder anderen Medikamenten (selten Appetitzügler, Schilddrüsenhormone oder Diuretika, Vernachlässigung einer Insulinbehandlung).
- Figur und Körpergewicht haben einen übermäßigen Einfluss auf die Selbstbewertung der Betroffenen. Das eigene Gewicht wird immer als zu viel angesehen, andauernde Ängste vor dem dick werden lassen die Betroffenen kleinliche , unphysiologische Gewichtsgrenzen setzen, deren Erreichen ihr Leben zunehmend bestimmt
- Bei einem Teil der Patientinnen mit einer Bulimia nervosa ging eine Anorexia nervosa voraus
Der Schweregrad der Bulimia nervosa richtet sich nach dem Ausmaß der kompensatorisch eingesetzten Maßnahmen zum Vermeiden eines Gewichtsanstiegs nach den Essanfällen:
bis zu 3 Episoden gelten als leichte Form einer Bulimia nervosa
4 - 7 als mittelgradige Form
8 - 13 als schwere Form und
> 14 als extreme Form einer Bulimia nervosa
Ess-Brech-Sucht
Die Bulimia nervosa ist eine noch relativ junge, aber deshalb nicht weniger wichtige Erkrankung in der Gruppe der Essstörungserkrankungen.
Gerald Russel, ein englischer Psychiater und Essstörungstherapeut, hat Ende der 1970iger Jahre die Bulimie von der Anorexie als eigenständige Erkrankung abgegrenzt. Im Gegensatz zur Anorexie sieht man den Betroffenen ihre Erkrankung typischerweise nicht an. Von einer Bulimie Betroffene haben meistens Normalgewicht. Sie können ihre Krankheit also im Verborgenen ausleben. Die Abgrenzung zur Anorexia nervosa erfolgt hauptsächlich über das Gewicht, da Patientinnen mit einer Bulimia nervosa per Definition keine Gewichtsreduktion unter die Anorexiegrenze (BMI < 17,5 kg/m² oder die 10.Alters-PZ) herbeiführen. Sie fühlen sich außerdem noch mehr als die von einer Anorexia nervosa Betroffenen vom gesellschaftlichen Schlankheitsideal beeinflusst, streben also intensiv danach ihr anlagebedingtes, für sie zu hohes Gewicht dauerhaft zu reduzieren.
Betroffene haben sowohl ein Gewichts- als auch ein Emotionsproblem, wobei dies individuell sehr unterschiedlich ausgeprägt sein kann.
Wir befragen deshalb unsere Patientinnen wie sie es selbst einschätzen. Wie steht es mit den Gewichtssorgen? Wieviel Prozent des bulimischen Verhaltens machen diese aus? Und wieviel Prozent gehen auf das Regulieren negativer Emotionen und zur Spannungsreduktion zurück? Wir erhalten Einschätzungen wie 50:50 aber auch in der Spannbreite von 10:90 bis 90:10.