Ausblick und Ziele
Ausblick
Wir sehen es als erforderlich an, dass das, was ein stationärer Aufenthalt für von Essstörungen Betroffene sein kann, nämlich der Dreh- und Angelpunkt in einer oft langfristig anzulegenden Essstörungstherapie, auch umgesetzt wird. Das Herauslösen der bzw. des in die Essstörung Verstrickten aus dem häuslichen Milieu, das typischerweise hoch belastet ist, ist oft die einzige Möglichkeit, entscheidenden Einfluss zu nehmen. Stationäre Aufenthalte in darauf ausgerichteten Therapieeinheiten sollten deshalb eher frühzeitig mit dann auch der Möglichkeit zu kürzeren Aufenthaltsdauern genutzt werden, um langwierige und schwierige Verläufe mit zum Teil ernsthaften Konsequenzen zu vermeiden. Wir halten auch nach einer ersten stationären Behandlung weitere stationäre Kurzaufenthalte, sog. Intervalle für günstig im Aufrechterhalten einer hier erreichten Symptomabstinenz.
Ein mangelndes Krankheitsgefühl und eine wenig vorhandene Krankheitseinsicht anorektischer Patientinnen werden nicht selten noch durch falsche Therapieentscheidungen verstärkt, wenn die Betroffenen mit noch bestehendem anorektischen Gewicht aus stationären Behandlungen entlassen werden, vor allem wenn dies ohne klare weitere Handlungsvorgaben und Wiederaufnahmetermine geschieht. Die Todesraten an Magersucht, die im Langzeitverlauf bezogen auf die Lebensspanne bei bis zu 15% liegen, können durch konsequente, das Spezifische der Erkrankungen verstehende Einflussnahmen und Einmischung von außen in ein offensichtlich nicht funktionierendes Leben drastisch gesenkt werden.
Denn warum sonst würden Magersüchtige in Kliniken zunehmen und zuhause wieder abnehmen?
Nicht, weil es ihnen zu Hause an Liebe mangelt. Es mangelt Ihnen aber an unbelasteter und fortlaufender Einflussnahme auf ihr kleinteiliges und z.T. hoch kompliziertes Denken und davon beeinträchtigtes Handeln. Sie sind Spezialpersonen, die Spezialbetreuung brauchen mit einer umfassenden Unterstützung und spezifischen Förderung, ohne gleichzeitig ungewollt ihre charakterlich/genetisch verankerte Neigung zum Perfektionismus und zur Überverantwortlichkeit für ihre Gegenüber mit den vielen Schulkonflikten noch weiter zu befördern. Wir arbeiten in den Kliniken daran, den Transfer aus der Klinik (Thema Selbstfürsorge und das immer wieder in all seinen Facetten daran erinnern) in den häuslichen Alltag zu verbessern. Dazu beziehen wir die relevanten Bezugspersonen mit ein, helfen beim Aufbau eines verzweigtes Unterstützungssystems inklusive sozialer Medien und helfen beim Planen und Organisieren stationärer Intervallaufenthalte.
Essgestörte brauchen gute flexible Denker als Problemlöser an ihrer Seite.
Therapieziele und Rückfallprophylaxe
Das entscheidende Therapieziel ist bei allen Formen von Essstörungserkrankungen das Erreichen eines anhaltenden Verzichts auf das essgestörte oder anderweitig selbstschädigende Verhalten. Dazu bedarf es parallel zur medizinisch-therapeutisch begleiteten Wiederernährung einer Bearbeitung der innerseelischen Konflikte und äußeren Lebensbelastungen, die das selbstbeschädigende Verhalten bedingen und aufrecht erhalten und nach neueren Untersuchungen vor allem auch einer Modifizierung des Denkstils. Die Defizite in der nicht altersgemäßen Persönlichkeitsentwicklung, gekennzeichnet durch einen auffallenden Mangel an gesunder Selbstbehauptung und Identitätsbildung, müssen überwunden werden, damit ein „normales“ Leben gelebt werden kann und dieses nicht als eine andauernde Überforderung von den Betroffenen wahrgenommen wird.
Begleitet werden muss dies vom Wiedererlangen eines angemessenen Körpergewichts und Essverhaltens und der Bearbeitung der typischen und oft schwer zu beeinflussbaren Körperbildstörung, womit eine falsche Sicht auf den eigenen Körper oder bestimmter problematisch erlebter Körperteile gemeint ist.
Im Einzelnen heißt das für anorektische Patientinnen das Erreichen des Normalgewichtsbereichs (untere Normalgewichtsgrenze bei BMI 18,5 oder der 25.PZ bei den unter 16 Jährigen, bei Männern BMI 19 oder das Erreichen der 25. BMI-PZ wieder bei den unter 16-Jährigen) mit normalisiertem Essverhalten. Bei Mädchen und vor allem jüngeren Frauen heißt das auch das regelmäßige Wiedereintreten oder erstmalige Auftreten der Monatsblutung ohne Hormoneinnahme, einhergehend mit einer normalisierten ovariellen Funktion (bedeutet Eisprung und wäre durch einen gynäkologischen Ultraschall in Zyklusmitte erfassbar).
Abhängig vom Ausmaß und der Dauer der Essstörungserkrankung kann dieses zur Gesundung unbedingt notwendige und nicht aufschiebbare Therapieziel oft nur unter (auch wiederholten) stationären Bedingungen (störungsspezifisch arbeitende psychosomatische Kliniken oder auch in stationär betreuten Wohneinrichtungen für Essstörungen) erreicht werden.
Kürzere stationäre Therapiezeiten scheinen dadurch möglich, dass mit Überschreiten der Anorexiegrenze (BMI 17,5 oder bei den unter 16-Jährigen der 10. BMI-PZ) Entlassungen erfolgen und stationäre Intervallaufnahmen geplant werden, für den Fall, dass die Gewichtsnormalisierung mit ambulanten Mitteln oder in betreuten Wohneinrichtungen für Essstörungen nicht in einer angemessenen Zeit (im nächsten Viertel Jahr) möglich ist.
Eine Aufnahme in eine betreute Wohneinrichtung für Essstörungen erfordert als Aufnahmevoraussetzung üblicherweise ein Minimalgewicht von BMI 17,5 bzw. der 10. BMI-PZ.
Abhängig vom Ausmaß und der Dauer der Essstörungserkrankung kann dieses zur Gesundung unbedingt notwendige und nicht aufschiebbare Therapieziel oft nur unter (auch wiederholten) stationären Bedingungen (störungsspezifisch arbeitende psychosomatische Kliniken oder auch in stationär betreuten Wohneinrichtungen für Essstörungen) erreicht werden.
Kürzere stationäre Therapiezeiten scheinen dadurch möglich, dass mit Überschreiten der Anorexiegrenze (BMI 17,5 oder bei den unter 16-Jährigen der 10. BMI-PZ) Entlassungen erfolgen und stationäre Intervallaufnahmen geplant werden, für den Fall, dass die Gewichtsnormalisierung mit ambulanten Mitteln oder in betreuten Wohneinrichtungen für Essstörungen nicht in einer angemessenen Zeit (im nächsten Viertel Jahr) möglich ist.
Eine Aufnahme in eine betreute Wohneinrichtung für Essstörungen erfordert als Aufnahmevoraussetzung üblicherweise ein Minimalgewicht von BMI 17,5 bzw. der 10. BMI-PZ.
Bei den Patientinnen mit einer Bulimia nervosa liegt das stationäre Therapieziel ebenfalls im anhaltenden Verzicht auf selbstschädigendes Verhalten, in der Wiederaufnahme eines (individuell) normalisierten, regelmäßigen Ernährungs- und Bewegungsverhaltens und einer Gewichtsstabilisierung mit der therapeutisch geführten Auseinandersetzung um das angestrebte Wunschgewicht. Ein solcher Verzicht macht die Bearbeitung des zugrunde liegenden spezifischen Persönlichkeitsproblems mit einer Affektregulationsstörung erst möglich, ohne die der nächste Rückfall vorprogrammiert wäre.
Bulimisches Verhalten wird zur Spannungs- und/oder Gewichtsregulation eingesetzt.
Zusammenfassend geht es für alle Formen von Essstörungserkrankungen
- um die Gewichtsnormalisierung und die Auseinandersetzung mit dem individuell erforderlichen gesunden Normalgewicht
- um den anhaltenden Symptomverzicht ohne Symptomverschiebung und die Normalisierung des Ess- und Bewegungsverhaltens
- um den Abbau der dies begleitenden Fehlüberzeugungen mit der Flexibilisierung eines zu sehr auf Details orientierten Denkstils
- um die Bearbeitung der der Essstörung zugrunde liegenden Persönlichkeitsprobleme, die eine altersentsprechende Lebensführung verhindern
- um die Bestandsaufnahme und Mitbehandlung der medizinischen und psychischen Folgen des Hungerzustandes/der Essstörung
- um die Bearbeitung der zwischenmenschlichen Probleme und der Folgen im Familiensystem, dem Schul- und Berufsumfeld
- um die Rückfallprophylaxe durch ein individuell erarbeitetes Langzeittherapieprogramm unter Miteinbezug der wesentlichen Familienangehörigen v.a. bei den Jüngeren und um eine Verhinderung der Chronifizierung
- um die Förderung der sozialen und beruflichen Integration und ein „Nachholen“ verpasster Entwicklungsschritt